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Ein Interview in einer Länge von 7:30 Minuten ohne groben Schnitzer in den Tagesthemen, das muss man erstmal hinkriegen. Und Herbert Diess hat es hingekriegt – im Vorfeld des Genfer Autosalons, die Diesel-Affäre im Nacken und in dem Bemühen Volkswagen als „Pionier der Elektromobilität“ zu positionieren. 

Aber der Reihe nach. Zunächst zu den visuellen Eindrücken: Herbert Diess´ Begrüßung und seine ersten Blicke in die Kamera sind ausgesprochen freundlich – von so einem Mann würde ich ein Auto kaufen. Leider gibt es in dieser Schalte Tonprobleme und der VW-Chef muss immer wieder den Ohrstecker herausnehmen, um Rückkoppelungen zu vermeiden. Wer einmal eine Schalte mit Rückkoppelungen hinter sich gebracht hat, weiß wie sehr das nervt und ablenkt.

Nichtsdestotrotz: Diess bleibt das ganze Interview über freundlich, auch bei den kritischen Nachfragen, gleichwohl sein Lächeln aus verständlichen Gründen gegen Ende kühler wird, als es um die Dieselaffäre und die Entschädigung für die deutschen Autofahrer geht. 

Auffallend ist, wie sehr seine ruhige Position wortwörtlich ins Wanken gerät, als es um die Batterieproduktion geht: „natürlich machen wir das auch“, „wir sind im Aufbau“ und „wir erwägen das zumindest“ – das sind Formulierungen, die zumindest aufgrund seiner Körpersprache nahelegen, bei diesem Thema gibt es noch einige interessante Details, über die der Konzernchef aber zumindest derzeit nicht reden will.

Nun zu den inhaltlichen Eindrücken:

„Überzeugen statt glauben“ – Manchmal „glaubt“ Diess in Bereichen, von denen er eigentlich „überzeugt“ ist: „Ich glaube, wir sind sehr gut vorbereitet“ – das hätte mehr Kraft, wenn er sich auch bei der Wortwahl „sicher“ wäre.

Positive Formulierung wählen

Was meint Diess, wenn er sagt: „Es wird für viele schwer werden, sich gegen unsere Produkte zu entscheiden.“ Da muss der eine oder andere Zuschauer sicher zweimal nachdenken, was genau gemeint ist, nämlich: „Unsere Produkte wird es vielen leicht machen, sich dafür zu entscheiden.“

„Zugeständnisse machen“ – Diess gibt unumwunden zu, dass Volkswagen Vertrauen verspielt und verloren hat. Das ist gut, alles andere wäre unglaubwürdig. Aber er lässt sich nicht auf jeden Vorwurf ein. Die Autofahrer in den USA seien deswegen großzügiger entschädigt worden, weil dort Autos „außerhalb der Legalität“ verkauft worden seien, so Diess. Damit – das ist nicht ungeschickt – antwortet er auf einen „finanziellen Vorwurf“ mit „technologischen Argumenten“.

Was bleibt aus der Sicht eines Medientrainers? Diess hat sich gut geschlagen. In den „Volkswagen-Festspielen“ der Tagesthemen hatte der Konzernchef mit seinem Interview einen erheblichen Anteil, in dem er ohne Frage eine gute Figur gemacht hat. Und – das sollte noch erwähnt werden – Herbert Diess könnte die Baureihe „I.D.“ künftig ruhig noch stärker als „Golf des Elektrozeitalters“ verkaufen – solche Formulierungen brennen sich ein.

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